Die Berliner Mauer in der Mühlenstraße 1961–1989
Die früheren Grenzanlagen
Die Grenzanlagen hatten an diesem Ort eine besondere Bedeutung. Mit dem Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961 wurde die Spree zwischen Friedrichshain und Kreuzberg zum Grenzstreifen. Sie gehörte hier in ihrer ganzen Breite zu Ost-Berlin, während das Kreuzberger Ufer bereits West-Berliner Gebiet war. Die East Side Gallery befindet sich somit auf der einstigen Hinterlandmauer, die nach Ost-Berlin zeigte.
Neben der topographischen Besonderheit weist die Grenzanlage hier auch eine bauliche Seltenheit auf: Als „Protokollstrecke“ für hochrangigen Besuch in der DDR war die Hinterlandmauer an der Mühlenstraße für jeden sichtbar. Daher wurde sie hier als die bekannte „Grenzmauer 75“ ausgeführt, die andernorts fast immer nach West-Berlin zeigte. Die 3,6 Meter hohen Mauerteile sollten den Blick auf den Todesstreifen versperren.
Die historischen Spuren an der Mühlenstraße dokumentieren die Absicherung und den stetigen Ausbau der Berliner Mauer zu einer unüberwindbaren Barriere. Zur Schaffung eines freien „Sicht- und Schussfeldes“ für DDR-Grenzsoldaten wurde die Uferbebauung in den 1970er Jahren sukzessive abgetragen. 1977 erfolgte der komplette Abriss, nur der Mühlenspeicher des ehemals riesigen Hafengeländes blieb erhalten. Die Grenzanlagen der DDR haben die intakte Stadtstruktur vollkommen zerstört. Als eines der letzten Zeugnisse der ersten Generation der Mauer ist ein Teil der Hinterlandmauer aus den charakteristischen Hohlblocksteinen von 1961 erhalten geblieben. Diese ist heute an der East Side Gallery am Zugang „Stralauer Platz“ sichtbar. Andere historische Spuren, etwa eine erhaltene Laterne der Vorfeldsicherung, finden sich in der Nähe des Mühlenspeichers.
Die Todesopfer
Bereits unmittelbar nach dem 13. August 1961 versuchten Menschen, durch die Spree an das West-Berliner Ufer zu fliehen. Mit Udo Düllick (5.10.1961), Werner Probst (14.10.1961), Anton Walzer (8.10.1962), einem unbekannten Flüchtling (19.1.1965) und Manfred Weylandt (14.2.1972) starben mindestens fünf Menschen im Grenzbereich zwischen Oberbaumbrücke und Schillingbrücke. Sie wurden von den DDR-Grenzsoldaten erschossen oder starben unter Beschuss an Unterkühlung oder Erschöpfung.
Auch an der Kreuzberger Uferseite ereigneten sich immer wieder dramatische Szenen, wenn Kinder beim Spielen ins Wasser fielen. Sie verloren das Gleichgewicht oder rutschten aus und konnten sich allein nicht aus dem Wasser retten. Die West-Berliner Rettungskräfte durften nicht in die Spree, um die Kinder zu retten, während die DDR-Grenzer nicht eingriffen. Bis 1975 ertranken mit Andreas Senk (13.9.1966), Cengaver Katranci (30.10.1972), Siegfried Kroboth (14.5.1973), Guiseppe Savoca (15.6.1974) und Cetin Mert (11.5.1975) fünf Kinder am Kreuzberger Gröbenufer (heute May-Ayim-Ufer) und nahe der zerstörten Brommybrücke. Um weitere Unfälle zu verhindern, ließ der Berliner Senat die Durchgänge zur Uferböschung verschweißen und vor der Kaimauer einen Zaun ziehen. Im Frühjahr 1976 wurden zudem Wasserunfallmelder am West-Berliner Ufer errichtet.
Ost-Berlin
Udo Düllick (1936–1961)
Udo Düllick ist bei seinem Fluchtversuch am 5. Oktober 1961 in der Spree nahe der Oberbaumbrücke unter Beschuss ertrunken.
Zur vollständigen Biographie bei "Chronik der Mauer"
Werner Probst (1936–1961)
Werner Probst wurde am 14. Oktober 1961 bei seinem Fluchtversuch in der Spree an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Friedrichshain und Berlin-Kreuzberg erschossen.
Anton Walzer (1902–1962)
Anton Walzer starb am 08. Oktober 1962 bei seinem Fluchtversuch in der Spree nahe der Oberbaumbrücke durch einen Schuss in den Hinterkopf.
Unbekannter Flüchtling (19.1.1965)
Ein etwa 30 Jähriger Mann ertrank bei seinem Fluchtversuch in der Spree, als ihn kurz vor dem Ufer die Kräfte verließen. Seine Identität ist bis heute unbekannt.
Manfred Weylandt (1942–1972)
Manfred Weylandt wurde bei seinem Fluchtversuch durch die Spree nahe der Schillingbrücke am 14. Februar 1972 von einer Kugel in den Hinterkopf getroffen und ertrank anschließend.
Philipp Held (1942-1962)
Philipp Held ertrank im April 1962 bei seinem Fluchtversuch vermutlich an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Friedrichshain und Berlin-Kreuzberg in der Spree.
Hans-Joachim Zock (1940-1970)
Hans-Joachim Zock ertrank im November 1970 an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Friedrichshain und Berlin-Kreuzberg in der Spree.
Ulrich Krzemien (1940-1965)
Ulrich Krzemien ertrank am 25. März 1965 in der Spree in der Nähe des Osthafens an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Kreuzberg und Berlin-Friedrichshain.
Heinz Müller (1943-1970)
Heinz Müller wurde am 19. Juni 1970 nahe der Schillingbrücke
an der Sektorengrenze zwischen Berlin-Kreuzberg und Berlin-Friedrichshain erschossen.
West-Berlin
Andreas Senk (1960–1966)
Am Vormittag des 13. Septembers 1966 wurde der sechsjährige Andreas Senk von einem gleichaltrigen Spielgefährten in die Spree gestoßen und ertrank.
Cengaver Katrancı (1964–1972)
Der achtjährige Cengaver Katranci ertrank am 30. Oktober 1972 in der Spree als er beim Spielen mit Freunden an der Böschung am Kreuzberger Gröbenufer das Gleichgewicht verlor und in das Wasser stürzte.
Siegfried Kroboth (1968–1973)
Am Vormittag des 14. Mai 1973 spielte der fünfjährige Siegfried Kroboth mit einem Freund am Kreuzberger Ufer nahe der im Krieg zerstörten Brommybrücke als er ins Wasser fiel und ertrank.
Guiseppe Savoca (1968–1974)
Am 15. Juni 1974, ertrank der sechsjährige Guiseppe Savoca beim Spielen mit einem Freund am Gröbenufer in Berlin-Kreuzberg, als er mit einem Stock im Wasser angelte, das Gleichgewicht verlor und ins Wasser stürzte.
Çetin Mert (1970–1975)
Am 11. Mai 1975 ertrank Cetin Mert in der Spree als er beim Spielen am Gröbenufer seinen Ball aus dem Wasser holen wollte und in das Wasser stürzte.