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Die Gedenkstätte

Die Gedenkstätte Günter Litfin von außen

Die Gedenkstätte Günter Litfin © Stiftung Berliner Mauer, Foto: Gesa Simons

Der historische Ort heute

Die Gegend rund um den Wachturm am Kieler Eck hat sich nach dem Mauerfall, insbesondere nach dem Bau des Quartiers Europacity mit seinen unzähligen Büros und Wohnungen, stark verändert. Abgesehen vom Turm erinnert heute nur sehr wenig an den Zustand zwischen 1961 und 1989: Zwischen Sandkrugbrücke und dem südlichen Ende des Invalidenfriedhofs sind keine baulichen Reste der Grenzanlagen mehr erhalten. Auf dem Gelände des Invalidenfriedhofs sind noch mehrere längere Stücke des Postenwegs sowie ein größerer Teil der Hinterlandmauer zu sehen. Auch der Bereich zwischen der ehemaligen Grenzübergangsstelle Invalidenstraße entlang des Humboldthafens bis hin zur Marschallbrücke wurde nach 1989 durch den Bau des Regierungsviertels stark verändert. Hinzu kommen die neue Ufergestaltung und der Bau der S- und Fernbahntrasse. Zwischen Scharnhorststraße und Schwarzem Weg wurde zwischen 1992 und 1998 der Invalidenpark als repräsentativer Stadtplatz errichtet. Das zentrale Element des Parks ist eine "Sinkende Mauer". Sie ist als begehbare Skulptur gestaltet und erinnert daran, dass in direkter Nähe die Berliner Mauer verlief.

Jürgen Litfin und sein Engagement gegen das Vergessen

Der jüngere Bruder von Günter Litfin, Jürgen Litfin (1940–2018), lebte zunächst in Ost-Berlin zusammen mit seiner Ehefrau Brigitte und seiner Tochter Marion. Nach einem abgelehnten Ausreiseantrag 1976 und einem zehnmonatigen Gefängnisaufenthalt 1980 „wegen Beihilfe zur versuchten Republikflucht“, die ihn gesundheitlich schwer mitnahm, wurde er für 95.897 DM von der westdeutschen Regierung freigekauft. Seit 1981 lebte er mit seiner Familie in West-Berlin, wo er den Fall der Mauer miterlebte. Die tragischen Umstände des Todes seines Bruders ließen ihn nicht mehr los. Die Idee, die Erinnerung an seinen Bruder Günter wachzuhalten, bildete seinen Lebensmittelpunkt. Zuerst engagierte er sich für die Umbenennung einer Straße im ehemaligen Wohnort der Familie Litfin in Weißensee, die im Jahre 2000 in Günter-Litfin-Straße umbenannt wurde. 2001 kümmerte er sich um die Restaurierung und die Neuverlegung des 1962 errichteten Gedenksteins für seinen Bruder an der Sandkrugbrücke nah des Humboldthafens. Schließlich sanierte er den ehemaligen Grenzwachturm am Kieler Eck und eröffnete darin 2003 eine Gedenkstätte mit einer kleinen Ausstellung.

Entstehung der Gedenkstätte und Ausstellung

2001 erfuhr Jürgen Litfin durch Zufall von dem Grenzturm am Kieler Eck. Nach der ersten Besichtigung entwickelte er die Idee, eine Gedenkstätte für seinen Bruder zu errichten. Er bemühte sich darum, den Turm zu erhalten und wollte ihn für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Durch sein Engagement blieb der Wachturm trotz umgebender Neubebauung erhalten und wurde 2003 unter Denkmalschutz gestellt. Im selben Jahr gründete Jürgen einen Verein und erledigte mit eigenen Mitteln, durch die Unterstützung von Freunden und selbständige Tätigkeiten eine Reihe von Arbeiten im und am Turm. Im Inneren realisierte er die Ausstellung „Von Günter Litfin bis Chris Gueffroy“, die bis heute unverändert geblieben ist. Lediglich kleine Instandsetzungsarbeiten wurden 2021 vorgenommen. Die Ausstellung zeigt Dokumente zum Grenzsystem, zum Tod seines Bruders, zu den Todesopfern an der Berliner Mauer und zu seinen eigenen Bemühungen, die Erinnerung an Günter aufrechtzuerhalten. Am 24. August 2003, dem Todestag Günter Litfins, wurde die Gedenkstätte eröffnet.

Übergang in die Stiftung Berliner Mauer

2009 trat Jürgen Litfin in Kontakt mit Prof. Dr. Axel Klausmeier, den neu ernannten Direktor der Stiftung Berliner Mauer und bat ihn, die Gedenkstätte samt Ausstellung später einmal zu übernehmen und sich für den Erhalt des Turmes einzusetzen. Der Nutzungsvertrag, der 2003 unterschrieben wurde, wurde zwischen dem Verein Günter Litfin, den Eigentümern des Grundstücks (Bayerischer Städtebau München und Markt- und Kühlhallen Aktiengesellschaft in München) und den Eigentümern der Häuser auf diesem Grundstück geschlossen. Danach mussten sowohl die Nutzungseigentümer als auch alle in der Wohnungseigentümergemeinschaft in einem aufwendigen Verfahren ihr Einverständnis erklären, dass die Stiftung Berliner Mauer den Verein Günter Litfin im Nutzungsvertag ersetzt und seine Aufgaben übernimmt. Fortan ist die Stiftung Berliner Mauer Vertragspartner mit den Eigentümern geworden. Seit 2017 ist die Gedenkstätte Günter Litfin mit der Ausstellung offiziell Teil der Stiftung Berliner Mauer.

Gedenkkranz für Jürgen Litfin

Gedenkkranz für Jürgen Litfin, 2017 © Stiftung Berliner Mauer

Gedenkkranz für Jürgen Litfin

Gedenkkranz für Jürgen Litfin, 2017 © Stiftung Berliner Mauer

Jürgen Litfin bei der Übergabe der Gedenkstätte an die Stiftung Berliner Mauer

Jürgen Litfin (r.) bei der Übergabe der Gedenkstätte an die Stiftung Berliner Mauer, 2017. © Stiftung Berliner Mauer

1962 wurde an der Sandkrugbrücke auf West-Berliner Seite ein Gedenkstein eingeweiht. Im Jahr 2015 fand die feierliche Versetzung des Steines an den Ort statt, an dem Günter Litfin getötet wurde.

Gedenkstein für Günter Litfin am Berliner Hauptbahnhof

Gedenkstein für Günter Litfin am Berliner Hauptbahnhof © Stiftung Berliner Mauer, Foto: Manfred Wichmann

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