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Press release, 25 April 2022

Stiftung Berliner Mauer trauert um Professor Dr. Manfred Wilke

20220425_PM_ManfredWilke.pdf [pdf, 310.05 KB]

Die Stiftung Berliner Mauer trauert um ihr langjähriges Beiratsmitglied Professor Dr. Manfred Wilke, der am 22. April im Alter von 80 Jahren im Kreise seiner Familie nach längerer Krankheit verstarb.

Manfred Wilke gehörte bereits dem Gründungsbeirat der Stiftung Berliner Mauer seit 2009 an. Gerade in den ersten Jahren prägte er die Entwicklung der Gedenkstätte und der Stiftung Berliner Mauer wesentlich mit und war bis Ende 2020 Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Stiftung. Viele Jahre war er zudem stellvertretendes Mitglied im Stiftungsrat. Die Stiftung verliert mit Manfred Wilke eine wichtige wissenschaftliche Stütze, einen stets kritischen Berater und regelmäßigen Gast auf dem Podium, wo er immer wieder als brillanter Redner und ebenso engagierter wie streitbarer, stets um die Sache ringender, Diskutant gefragt war.

Einen Großteil seines wissenschaftlichen Tuns widmete er der Geschichte der deutschen Teilung und der Aufarbeitung des SED-Unrechts. Schon sehr früh hatte er sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit mit dem Kommunismus auseinandergesetzt, insbesondere mit der Westarbeit der SED. In diesem Zusammenhang hielt er, in jungen Jahren an der Seite u.a. von Rudi Dutschke selbst ein politischer Aktivist der Linken, schon in den siebziger Jahren intensive Kontakte zur Opposition in der DDR und im östlichen Mitteleuropa. Im Zuge seiner wissenschaftlichen Arbeit und durch persönliche Kontakte zu ostdeutschen und mittelosteuropäischen Oppositionellen, darunter Jan Pauer, Robert Havemann, Jürgen Fuchs und Wolf Biermann, verstärkte sich sein politisches Engagement für Dissidenten in der DDR, in der Tschechoslowakei und in Polen. Vor dem Hintergrund der Biermann-Ausbürgerung 1976 und der Verhaftung des DDR-Schriftstellers Jürgen Fuchs gründete Wilke gemeinsam mit Hannes Schwenger, Otto Schily u.a. das „Schutzkomitee Freiheit und Sozialismus“, das sich für die Verhafteten und deren Freilassung einsetzte. Viele der Ausgereisten und Ausgebürgerten nahmen zunächst auf dem Sofa der Familie Wilke Quartier, nachdem sie die DDR verlassen hatten. Da schien es selbstverständlich, dass die CDU, deren Mitglied er 1998 wurde, Wilke in die Gremien entsandte, die sich um die Aufarbeitung der DDR-Geschichte kümmern sollten. 1992 war er Mitbegründer des „Forschungsverbundes SED-Staat“ an der Freien Universität Berlin, der mit der selbstformulierten Aufgabe antrat, „die äußeren und inneren Voraussetzungen der vierzigjährigen Existenz einer zweiten deutschen Diktatur“ zu untersuchen. Bis 2006 war er gemeinsam mit Klaus Schröder dessen Leiter.

Parallel dazu gehörte Manfred Wilke beiden Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestags zur Aufarbeitung des SED-Unrechtes an und hat dort mit seiner robusten Diskussionskultur Marksteine gesetzt. Sein grenzenloses Engagement gegen jede Form antidemokratischen Denkens setzte er neben zahllosen Podiumsteilnahmen und Vortragsverpflichtungen auch in zahlreichen Gremien von Institutionen der DDR-Aufarbeitung fort, u.a. in der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, der Gedenkstätte Bautzen und später in der Stiftung Berliner Mauer, deren Institutionalisierung und Gedeihen ihm besonderes Anliegen war. Seine unzähligen Telefonate, in denen einzelne Themen vertieft wurden, sind legendär. Das Leid der Opfer und die Vermittlung von deren Lebensschicksalen in die breite Öffentlichkeit waren ihm stets Antriebsfeder und Kompass. Dabei gehörte er zu jenen Protagonisten der DDR-Aufarbeitung, die immer auf eine angemessene Gewichtung zur Erinnerung an die NS-Diktatur achteten. Und es war ihm zentrales Anliegen, die internationale Dimension des Systemkonfliktes zu reflektieren und als gestaltgebend zu beschreiben. Dieses „internationale Narrativ“ wird wohl am deutlichsten und umfänglichsten in seinem 2011 erschienenen, von der Stiftung Berliner Mauer herausgegebenen, rund 400 Seiten starken Werk „Der Weg zur Mauer. Stationen der Teilungsgeschichte“ verfolgt.

Manfred Wilkes kritischer Geist, seine zahllosen konstruktiven wie anregenden Interventionen, aber auch seine persönliche Verbundenheit mit der Institution und ihren Mitarbeitenden werden der Stiftung Berliner Mauer sehr fehlen. Dankbar blicken wir auf die Zeit mit diesem außergewöhnlichen Menschen, Kollegen und Freund zurück. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.

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Kontakt

Hannah Berger
Pressesprecherin Stiftung Berliner Mauer
Tel. 030 / 213 0851 61

presse [at] stiftung-berliner-mauer.de
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